VALDRIN – Two Carrion talismans

Valdrin – Two Carrion talismans // Cover (c) 2018 Blood Harvest Records / Valdrin

Es ist schon spannend: Rein von der Menge her habe ich das Gefühl, dass es in diesem Jahr weniger spannende Alben gibt, als es noch in den letzten ein, zwei Jahren der Fall war. Und bis auf ein, zwei Ausnahmen hat mich bisher auch noch kein Album so recht an die Wand drücken können (Watain und Abigor lassen wir mal außen vor). Und dann landet vor einigen Tagen das Zweitlingswerk der US-Amerikaner VALDRIN in meinem Postfach und tut genau das: „Two Carrion talismans“ erschlägt dich mit solcher Wucht, dass man gar keine andere Möglichkeit mehr hat, als sich das Album immer und immer wieder anzuhören. Dabei war bereits der Vorgänger „Beyond the forest“ 2014 ein beachtlicher Einstand – der allerdings komplett an mir vorbei gerauscht ist. Und zwar aus einem Grund: In jener Zeit war alles, wo auch nur etwas von Synths oder Keyboards als untermalendes Stilmittel erwähnt wurde, ein rotes Tuch für mich. Das hat sich in den letzten 20 Monaten – auch dank BLACK SALVATION – bis zu einem gewissen Grad geändert.

VALDRIN sind ein perfektes Beispiel dafür, wie man den Songs mit der richtigen Dosis oder besser gesagt dem richtigen Einsatz von Synths sowohl Wucht als auch Atmosphäre verleihen kann, ohne dass die für den Stil so notwendige Aggression verloren geht. Dies war auf dem Debüt schon so gut umgesetzt, dass es mich im Nachhinein ärgert, dem Album keine Beachtung geschenkt zu haben. Mit „Two Carrion talismans“ kann ich das zum Glück noch gerade biegen; denn neben dem Einstand der Schweden Malakhim Ende des letzten Jahres hat mich in den letzten zwölf Monaten keine neuere Band so sehr beeindruckt wie jetzt VALDRIN.

(c) 2018 Valdrin

Unheilvolles Trommeln, das Ziehen eines Schwertes – So eröffnet man im Opener „Junnatox“ den knapp 44 Minuten langen Reigen an geschwärztem Death Metal der Extraklasse. Dabei zieht man sofort das Tempo ordentlich an, ohne direkt in Blasts zu verfallen. Die bereits erwähnte, allgegenwärtige Synth-Untermalung tut ihr Übriges, um direkt eine Atmosphäre zu schaffen, in die man sich ohne Weiteres fallen lassen kann. Dabei hilft vor allem die sehr nuancierte, aber brutale Produktion des Albums. Jedes Riff, jeder Hit auf die Snare ist deutlich zu unterscheiden; der Bass drückt unscheinbar, aber wirkungsvoll auf die Magengrube; die Kickdrum sowie die Snare sind sehr trocken und dadurch umso effektiver für diese Art von Death Metal produziert. Lediglich die Becken hätten ein wenig mehr Raum benötigt, aber das ist meckern auf hohem Niveau. Denn gerade ein Track wie der dem Opener folgende, „Nex – The barren sculptor“, zeigt durch das leicht zurück genommene Tempo, dass man den Beckensound gar nicht so sehr vermisst. Auch hier sind in den Breaks die Synths wieder sehr dominant und geben dem Spannungsbogen des Albums die nötige Richtung.

Das bereits im Vorfeld vorgestellte „Sinews of blood and vein“ wird durch ein Intro eingeleitet, dass man durchaus auf ältere King Diamond-Platten hätte setzen können oder auch in alte Horrorschinken der Siebziger-Jahre. ‚Spooky‘ ist da wohl das treffende Adjektiv, das man allerdings direkt wieder durch die einsetzenden Midtempo- bis Uptempo-Strukturen wieder relativiert. Und schon nach diesem guten ersten Drittel des Albums lässt sich vorweg eines sagen: Songwriting kann das Quartett! Was man mit dem ersten Höhepunkt des Albums, „Funeral tides of Orcus“, auch unter Beweis stellt, da man hier die ganze Palette an Kreativität innerhalb der selbst gesetzten stilistischen Grenzen ausschöpft. Dabei sollte man das Wort ‚Grenzen‘ nicht allzu wörtlich nehmen. Denn obwohl man sich vor allem in der Schnittmenge aus Black und Death Metal befindet, sind die Elemente aus dem Death Metal zwar die dominantesten; jedoch werden diese so eingesetzt, dass man stellenweise das Gefühl hat, man würde es hier mit einer Gruppe aus dem Melodic Black Metal zu tun haben. Das hört man auch nicht alle Tage. Und wenn man diese Stilvermengung so kunstvoll ausführt, wie das VALDRIN tun, und zudem der konzeptuelle Aspekt des Albums sowie des bisherigen Schaffens auf einen selbstgeschaffenen Mythos beruhen, dann kann man guten Gewissens vor allem von einem sprechen: Eigenständigkeit!

Die ist in der heutigen, fast unüberschaubaren Masse an Bands auch bitter nötig, so dass man das doch sehr direkte und weniger verspielte „Tempest torn asunder“ (der zweite vorab vorgestellte Track) als zwar nicht direkt gewollten, jedoch wirkungsvollen Mittelfinger an gewisse Bands verstehen kann, die stur und ohne jegliche Abwechslung im Songwriting ihr Ding durchziehen – und zwar auf Kosten von Individualität, Spannung und dem, was unsere Szene einmal ausgemacht hat: den Drang, Neues zu schaffen. Der Track selbst nimmt ab ungefähr der Hälfte das Tempo schlagartig raus und fügt nach einer kurzen Ruhepause das beste Break des ganzen Albums ein, bevor man den Track schließlich ausfaden und nahtlos in das Intro zu „Vesper in the animus lair“ übergehen lässt. Dieses nun folgende, letzte Drittel des Albums hätte man so nicht besser einleiten können. Generell ist es schön zu sehen, wenn Bands zum Ende der Spielzeit ihrer Alben auf die Höhepunkte zusteuern und alle Elemente ihres Sounds zu einer Collage verschmelzen, die die lyrisch beschriebenen Bilder im Kopf zu einem Gesamtkunstwerk erheben. Synths, die sowohl orchestral als auch zutiefst okkult tönen, eine nur sparsam eingesetzte Doublebass-Arbeit und Riffs, die die Synths sowohl untermalen, führen und begleiten.

So kommt man schließlich, völlig versunken in das Werk, zum vorletzten Track auf „Two Carrion talismans“, „Crimson blades in the Ausadjur wake“. Schon lange habe ich nicht mehr einen so schlüssigen Albumcloser gehört, der sogar klarem, unverzerrtem Gitarrenklang viel Raum einräumt und unter Beweis stellt, dass auch der Sänger neben dem Black Metal-typischen Keifen auch eine angenehm dunkle, natürliche Stimme hat. Die Melodieführung sowie der Track selbst erinnern phasenweise durchaus an Watain zu „Lawless darkness“-Zeiten. Und das ist sicher eine der besten Referenzen, die man einer Band zukommen lassen kann. Das Outro „Awaiting in the spirit genome…“ ist das zwar unspektakulärste Stück des Albums, jedoch ist es in seiner fast meditativ wirkenden Art der perfekte Kontrapunkt zu all der Aggression der vorigen sieben Tracks. Der erneute Druck auf die Play-Taste ist da nur die logische Konsequenz, um sich ein ums andere Mal in den Malstrom zu begeben, den „Two Carrion talismans“ darstellt…

Abschließend kann man nur noch eines sagen: Um die musikalische Zukunft VALDRIN’s mache ich mir keine Sorgen. Das Niveau ist schon jetzt so hoch, dass damit mühelos schon lange etablierte Bands locker an die Wand gespielt werden. Wir haben hier eine absolut eigenständig klingende Band, die sich deutlich von anderen Bands abhebt und mal eben eines der besten Alben des Jahres vorgelegt hat. Ich wünsche der Band vor allem eines: Dass sich ihr Bekanntheitsgrad endlich erhöht, den hat sie mit dieser Vorlage namens „Two Carrion talismans“ mehr als verdient! PFLICHTKAUF!!! +++ 9,5 / 10 Punkte

Ab dem 28.09.2018 könnt ihr euch das Album entweder als CD oder LP in eure Plattenregale stellen; beide Versionen sind auf 500 Exemplare limitiert. Für die ganz alte Schule wird es das Album auch als auf 100 Stück limitiertes Tape geben. Die Möglichkeit, das Album digital über Bandcamp zu erwerben, gibt es zwar auch. Aber bei einem Klassealbum wie diesem gilt dabei: Schämen!

(c) 2018 Valdrin

VALDRIN – Two Carrion talismans
Blackened Death Metal from the USA
Blood Harvest Records / Helter Skelter Productions
Running time: 43:18 minutes
Release date: 28.09.2018 (all formats)

www.bandcamp.com (Valdrin)
www.bandcamp.com (Blood Harvest)
www.bloodharvest.se (Shop)

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