Es erstaunt immer wieder, wie sehr sich der Black Metal seit seinen Ursprüngen in den frühen Achtzigern entwickelt hat. Vom mehr oder weniger unstrukturierten Krach bis hin zu atemberaubenden Klangkaskaden. Und dieses komplette Spektrum wird auch heute noch abgedeckt, was umso erstaunlicher ist, da in den meisten anderen Metal-Genres zeitweilig stets der eine oder andere Stil führend ist. Natürlich haben wir auch im Black Metal Fraktionen, die die eine oder andere Spielweise preferieren und dies bis hin zum „Elitedenken“ treiben. Wo meine musikalischen Vorlieben liegen, dürfte mittlerweile ja eh bekannt sein. Ebenso aber auch, dass ich nicht davor zurückschrecke, immer Neues zu entdecken. In diesem Falle sind es NEMESIS SOPOR aus Dresden, die mit „MMXL“ ihr bereits drittes Album vorlegen.Ich muss zugeben, dass ich in erster Linie immer erst auf das Cover eines Albums schaue, bevor ich mich dazu entschließe, mich näher mit der Band zu befassen. Jedenfalls ging mir das bis vor ca. zwei Jahren so. Wurde ich visuell entsprechend bedient, war das schon mal mit ein Kaufargument. Die visuelle Darbietung von NEMESIS SOPOR dagegen sprach mich nie sonderlich an, weswegen ich sie auch eher stiefmütterlich behandelte und unter ferner liefen ablegte. So kann man sich irren…
Denn beschäftigt man sich einmal näher mit der Band, so erkennt man eine stetige Weiterentwicklung vom noch eher klassisch wirkenden Black Metal des Debüts über die mehr und mehr atmosphärisch und progressiv werdenden Nachfolger. „MMXL“ ist nun der bisherige Höhepunkt dieser Entwicklung. Alleine schon im viertelstündigen Opener „Untertan“ steckt so viel musikalische Klasse, dass andere Bands daraus ein ganzes Album zimmern würden. Auch die Post-Black Metal-Elemente in Form der immer wieder eingestreuten klaren Gitarren wirken unaufdringlich und fügen sich nahezu perfekt in den Gesamtsound ein. Besonders gelungen ist hierbei die dunkle Produktion, die der Atmosphäre des Albums sehr zugute kommt. Ganz besonders fasziniert hat mich der Umstand, dass man während dieses Tracks nicht dasitzt und auf dessen Ende wartet. Mit „Saat“ folgt ein recht ruhiges Gitarren-Instrumental, welches nahtlos in das zunächst dann sehr nach vorne treibende „Herrscher“ mündet, welches zum Ende hin in einem melancholischen Mahlstrom versinkt. „Despot“ ist Programm und fügt hier die räudigsten Vocals des ganzen Albums zum Sound hinzu. Der erste echte Höhepunkt ist der Titeltrack, der der Atmosphäre etwas hymnenhaftes hinzufügt, sobald der Song aus den ruhigen Passagen während der ersten Hälfte aus sich herausbricht. Das zehnminütige „Atarax“ ist daraufhin der große Höhepunkt des Albums. Das Wechselspiel zwischen purer Raserei und ruhigen Einschüben funktioniert hier perfekt und die gegrowlten (aber verständlichen) Vocals sind das Tüpfelchen, die dem Track etwas wirklich Erhabenes verleihen. Der Rausschmeißer „Zeit der Sterne“ fügt noch einmal alles zusammen, was in den vergangenen 50 Minuten auf den Hörer wirkte und beschließt letztlich ein Album, dass in seiner Musikalität nicht viel Konkurrenz zu fürchten braucht. Ich rate jedem aufgeschlossenen Musikliebhaber, „MMXL“ die Chance zu geben, die es verdient. +++ 9 / 10 Punkten
Diese knappe Stunde wunderschönen Black Metals ordert ihr am besten auf der Shop-Seite des Labels oder über den Bandcamp-Shop der Band. Ihr erhaltet das Album entweder als normale Jewelcase-CD, als auf 300 Exemplare limitiertes Digipack oder als seperaten Download. Auf beiden Plattformen erhaltet ihr jedoch automatisch den Download gratis, wenn ihr „MMXL“ als physischen Datenträger ordert. Vorbildlicher Service!
NEMESIS SOPOR – MMXL
Black Metal from Germany
Label / Vertrieb: Geisterasche Organisation + Bandcamp (CD, Digipack + Download)
Running time: 57:09 minutes